Besuch bei der Softwarekammer Karlsruhe
Wir hatten das große Vergnügen bei der Softwarekammer Karlsruhe den Impulsvortrag “Menschenwürdige Projektgestaltung” halten zu dürfen. Mit gut 21 von Euch konnten wir an diesen Abend die Frage diskutieren, was menschenwürdig an Eurer Arbeit ist - aber auch was nicht. Der Weg von Stuttgart nach Karlsruhe hat sich für uns absolut gelohnt, da wir eine aufgeschlossene, interessante und interessierte Community treffen durften.
Wir danken Thomas und Urs für die Organisation und auch ganz herzlich diva-e Digital Value Excellence GmbH für das Sponsoring des Abends.
Wir konnten 6 Themenblöcke im nachgang identifizieren:
1. Mitarbeiter als Ressource
Der Mitarbeiter spürt, dass sein Management ihn nur als “Schreibtisch” also als Ressource verwaltet. Die Kommunikation zwischen Entwicklern und Führungskräften ist gestört und wird im Unternehmen als gespalten angesehen. Es gibt Manager, die Politik betreiben und Mitarbeiter, die die technischen Lösungen erarbeiten. In der Diskussion wurde das als Kommunikationsproblem von den Teilnehmern herausgearbeitet.
2. Die Agile Methode
In der Diskussion kam stark das Gefühl auf, dass wir in der Softwareentwicklung in Deutschland eine privilegierte Minderheit sind. Euch war es sehr wichtig, dass Ihr die Möglichkeit habt, Euch mit Eurem Unternehmen zu identifizieren. Die Unternehmen benutzen dazu Agilität und konkrete Werte. Allerdings war die Loyalität der Teilnehmer im Raum gegenüber ihren Unternehmen überraschend gering und erst auf Nachfragen wurde einigen Teilnehmen dies überhaupt erst bewusst.
3. Zusammenarbeit
Dieses Thema schneidet sich mit allen anderen und ist deswegen besonders wichtig. Zwischen der Führung und den Entwicklern, den Prozessen und der Agilität besteht eine Lücke, die in der Diskussion aufgezeigt werden konnte. Das führt zu Blindleistung, die in den Unternehmen zum Alltag gehören.
4. Aufwand und gemachte Fehler
Ihr spürt selbst deutlich, dass Euch in Eurem Unternehmen für Eure Aufgaben nicht genügend Zeit zur Verfügung gestellt wird. Das Projektmanagement kann das alltägliche Durcheinander nicht strukturieren. Eure eigenen Priorisierungen scheinen durch reine Willkür torpediert zu werden. Aber wie im Impulsvortrag aufgezeigt, herrscht in deutschen Unternehmen eine Intoleranz gegenüber Fehlern. Zusammen ergibt das eine “giftige Brühe” im Unternehmen und war deswegen auch ein intensiv diskutiertes Thema.
5. Kommunikation
Das zweitgrößte Thema umfasst die Kommunikation zwischen Euch, den Führungskräften, den Kunden und anderen Teilen des Unternehmens. Dabei habt Ihr in der Findungsphase bereits festgestellt und in der Diskussion auch weiter herausgearbeitet, dass Kommunikation als Instrument zweckentfremdet wird. Deswegen bleibt oft nur der „kleine Dienstweg“ oder “die Eskalation”, um den Alltag zu gestallten.
Das Thema Homeoffice und die soziale Interaktion, die darunter leiden kann, war ein immer wieder aufkommender Disput am Abend und wurde sehr kontrovers diskutiert.
6. Anforderung auf Augenhöhe
Dieses Thema war für Euch der zentraler Grund am Abend, warum Ihr im Unternehmen bleiben wollt. Leider sind Anfroderungen eher der “Abgrund” in vielen euere Unternehemen. Die Wichtigkeit dieser Erkenntnis kann überhaupt nicht überschätzt werden.
Natürlich haben Anforderungen für Euch die Notwendigkeit die sehr wichtigen technischen Details des Systems möglichst Präzise zu formulieren. Für Euch ist es von zentraler Wichtigkeit, dass Ihr in den Anforderungen die Wertvorstellung des Kunden erkennen und spüren könnt.
Daneben habe die Anforderungen aber auch eine soziale Komponente: Sie erlauben Euch mit allen Projektbeteiligten auf Augenhöhe zu interagieren. Die gleichberechtigte und emanzipierte Erstellung und Verhandlung der Anforderungen aller Projektbeteiligten muss im Alltag gelebt werden. Oder Ihr werdet das Unternehmen verlassen, weil euch bei Nichteinhaltung dieses Prinzips der Sinn von euren Arbeitsauftrags genommen wurde.
Unser Nachtrag:
Das Themengebiet emotionaler Arbeitsschutz und die Aufgaben des Betriebsrates wurden von Euch mehrfach nicht aufgegriffen und spielen für Euch in euerem Berfusalltag anscheinend keine Rolle. Die Arbeitsmarktlage ist für uns Entwickler so gut, dass Euch der “Arbeitsplatz wechsel” als Maßnahme genügt.
Das hat uns überrascht und wird uns noch lange Zeit zum Nachdenken animieren.